Sebastian Fritzsch & Marco Zumbé

tryin’ to read your portrait
17.3. – 21.5.2021

Finissage und Buchpräsentation in Anwesenheit der Künstler:
15. und 16. Mai 2021, 12–18 Uhr

Foto: Sebastian Fritzsch, “Hug”

Abstrakte Malerei findet gerade wieder großen Zuspruch in der Kunst der Gegenwart. Lange Zeit war sie aus dem Blickfeld geraten. Nach dem 2. Weltkrieg wurde sie ideologisch und kulturpolitisch als Überlegenheit der westlichen Kunst gegenüber dem sozialistischen Realismus gepriesen. Aber seit den 60er Jahren, wo von der Kunst auch eine gesellschaftskritische und zeitreflektierende Rolle erwartet wurde, wurde sie wegen ihrem fehlenden erzählerischen Charakter weniger beachtet.
Das reine Sehen wird also wieder gefeiert. Inhaltlich wird dem Betrachter Freiraum gegeben aus den Bildern das herauszuholen, was nicht durch gegenständliche Elemente unmittelbar vorgegeben ist, wie eine Einladung zum Innehalten und zur Konzentration.

Eine große Experimentierfreude ist den Werken von Marco Zumbé (geb. 1975, Köln) anzusehen. Ausgehend von Linie, Punkt und Fläche, den grundlegenden Elementen jeder Zeichnung, kombiniert mit einer überbordenden Farbauswahl, schafft er opulente Bildlandschaften.
Zahlreiche Schichten von unterschiedlichsten graphischen und malerischen Komponenten, kombiniert mit Siebdruckverfahren- bilden die Textur seiner Bilder. Die Wahl seiner Werkzeuge und Materialen zeugen von der Lust am Hinterfragen der herkömmlichen Malweisen. Sein Fundus besteht aus Vorlagen aus Mustern aus dem angestaubten Inneneinrichtungs-Wohndesign vergangener Jahrzehnte, wie Holzimitaten, Blümchenmustern und Markisenstreifen, die mit gestischer Malerei unterlegt und wiederum auch überdeckt werden.
Das System aus Farbe, Fläche und Linie, mit dem er seine Bilder baut, ist nicht auf den ersten Blick zu erschließen. Das macht den großen Reiz aus. Die inneliegenden Rhythmen erinnern an musikalische Kompositionen.

Welche Spuren hinterlässt der Mensch in der Welt? Wie verorten sie sich in diesem komplexen Gefüge aus Beziehungen, Erinnerungen, Zeichen und Gesten? Das fragt sich Sebastian Fritzsch (geb. 1977, Köln). Fritzsch versucht Gesetzmäßigkeiten unserer Welt offen zu legen, die in der Natur modellhaft existieren.
Als Filmemacher begegnet er diesen Fragen mit den Mitteln der Narration, während sein fotografischer Blick den Reiz der Momente und ihre Poesie einfängt. Intuitiv und quasi sezierend tastet er sich als Maler, Zeichner und Bildhauer durch die Schichten seiner eigenen inneren Landschaften, die weit in die eigene biografische Vergangenheit zurückreichen. Im ritualisierten Gestus des Ausdrucks entwickelt er ein eigenes sprachliches Repertoire wiederkehrender Zeichen, “primitiv” und heilig, zwischen Rückzug und Verwandlung.1 Von der Natur abstrahierte Objekte der Flora und Fauna werden wie in einer Wunderkammer zu neuer Ordnung seiner „individuellen Mythologie“ zusammengebracht.

Der Titel der Ausstellung, „tryin‘ to read your portrait“ ist eine Zeile aus einem Bob Dylan-Song. Aus einem Kunstwerk Rückschlüsse auf dessen Schöpfer zu ziehen, kann nur ein Versuch bleiben, und die beiden Künstler lassen uns dabei freien Lauf.
Lässt das scheinbare Chaos in den Werken Zumbés und die scheinbare penible Anordnung der Symbole von Fritzsch Rückschlüsse auf ihr Verhältnis zur Welt zu? In welcher Weise und mit welchen Strategien arbeiten sie und wie kommt die Botschaft beim Betrachter an? Wie lässt sich eine Brücke bauen zwischen der Beschaffenheit des künstlerischen Gegenstandes und der Erfahrung des Betrachters am Werk?

www.sebastianfritzsch.de
www.mzumbe.de